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Für manche gehören Überstunden „dazu“. Sie zeigen, wie vielbeschäftigt oder auch unabkömmlich man ist. In anderen Bereichen sind sie notwendiges Übel, um den Betrieb – vielleicht in Stoßzeiten – am Laufen zu halten. Welchen Blick wir auch auf das Thema Überstunden werfen, es geht nicht, ohne verschiedene Berufsgruppen und Hierarchien in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Bin ich als Freiberufler wirklich ganz autark in meiner Arbeitszeitgestaltung? Welche Vorgaben macht mein Unternehmen? Es macht einen teils großen Unterschied, zu welcher Berufsgruppe ich gehöre:

  • Unternehmensverantwortliche
  • Leitende Angestellte*r
  • Angestellte
  • Freiberufler und Selbstständige
  • Alle Personen mit Sonderarbeitszeiten

Arbeite ich alleine freiberuflich oder selbstständig, dann gibt es so etwas wie eine Regelarbeitszeit nicht wirklich. Ich kann für mich selber definieren, was meine regelmäßige, tägliche Arbeitszeit sein soll und in welchem Zeitfenster ich meine Arbeit verrichte. Hier kann ich mir möglicherweise viele Freiheiten ermöglichen oder aber, um einen definierten Rahmen zu haben, Zeiten für mich festlegen.

Je kleiner mein Unternehmen ist, desto häufiger kann es sein, dass durch bestimmte Projekte oder Tätigkeiten die geplanten Arbeitszeiten abweichen. Das ist dann voll und ganz mein Risiko – aber ich sollte natürlich schon dafür sorgen, dass ich langfristig gesund meiner Tätigkeit nachkommen kann und mich nicht überlaste.

In punkto Arbeitszeit habe ich als Unternehmer*in mit steigender Betriebsgröße ein größeres Umfeld zu betrachten. Sehr oft fühle ich mich dann, im Sinne meiner Kund*inen, verantwortlich, die Arbeiten fristgerecht zu erledigen, sodass ich selbst Ausfälle im Team durch Mehrarbeit meinerseits abfange. Alternativ kann ich Mehrarbeit natürlich auch auf die Angestellten verteilen.

Als Unternehmer*in oder leitende Angestellte*r größerer Betriebe habe ich ebenfalls keine gesetzlichen Einschränkungen, was meine eigene Arbeitszeit betrifft. Hier kommt allerdings noch verstärkt eine Vorbildfunktion gegenüber allen Mitarbeitenden dazu. Jeder, der für angestelltes Personal verantwortlich ist, hat auch eine Verantwortung für dessen Arbeitszeit. Und hierbei geht es nicht nur darum, dass die geforderten Arbeiten zeitgerecht erledigt werden, sondern auch, dass die Arbeiten in der regelmäßig zur Verfügung stehenden Regelarbeitszeit zu erledigen sind. Ich muss als Vorgesetzte aufpassen, dass die Organisation der Arbeit dies auch unterstützt und sogar hochmotivierte Vielarbeitende beizeiten „eingefangen“ werden.

Angestellte sind durch ihren Arbeitsvertrag verpflichtet, den für sie definierten Aufgabenbereich im Rahmen der vereinbarten Regelarbeitszeit zu bedienen. In einer idealen Welt sind die geforderten Tätigkeiten in der vorbestimmten Zeit regelmäßig gut zu schaffen. Es kann Phasen geben, in denen kurzfristig mehr Zeit für die anstehenden Aufgaben investiert werden muss. Vor allem, wenn ich eine neue Tätigkeit in einem neuen Aufgabenbereich beginne, kann es sein, dass ich die fehlende Routine durch Überstunden abfangen möchte, bzw. muss. Hier kann man sich schnell selbst in eine Falle lancieren. Das Arbeitsumfeld und die Führung gewöhnen sich an den überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz. Später, wenn man durch die erfolgte Einarbeitung eine größere Routine hat und die Zeit eigentlich zurückfahren könnte auf die normale Arbeitszeit, dann wirkt das nach außen wie ein Leistungsrückschritt.

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Führungskraft kann ich nur jedem raten, im Angestelltenverhältnis die Regelarbeitszeit wirklich als gesetzten Rahmen zu sehen und die mir zugewiesenen Aufgaben tatsächlich in diesem Rahmen zu schaffen. Wenn es Gründe gibt, dass ich mehr Zeit brauche – z. B. bei der oben erwähnten Einarbeitung – dann gönne ich mir dieses „Mehr an Zeit“ nur in Absprache mit meinen Vorgesetzten. Dann kennt die Organisation den Grund für die Mehrarbeit und erwartet – als „gute“ Organisation – auch nach einer gewissen Einarbeitungszeit den beschriebenen „Rückgang“.

Es kann natürlich auch sein, dass ich in einem Umfeld arbeite, wo es kein gleichmäßiges Arbeitsaufkommen gibt. Zeiten mit höherem Arbeitseinsatz wechseln sich ab mit ruhigeren. Hierfür sind flexible Arbeitszeitmodelle mit Zeitkonten ideale Lösungen, die sowohl in den positiven als auch negativen Bereich gehen können. Langfristig gesehen sollten diese Zeitkonten aber immer ausgeglichen sein. Arbeite ich in einem Umfeld ohne diese flexiblen Zeitkonten, dann ist auch hier wieder nur in Abstimmung mit der Führung Mehrarbeit zu leisten.

Bin ich in einem Arbeitsumfeld, in dem ich von Anfang an immer viel mehr Aufgaben bekomme, als ich in meiner Regelarbeitszeit abarbeiten kann und wo ich selber keine Aussicht auf Veränderung sehe, dann ist das, spätestens nach sechs Monaten, ein Grund, von meiner Seite das Gespräch mit meinen Vorgesetzten darüber zu führen.

Und hier kommt ein ganz wichtiger Aspekt in unsere Arbeit hinein: Es gibt nur eine Person, die 100 % für unser Wohlergehen verantwortlich ist – und das sind wir selbst.

Natürlich gibt es auch Arbeitsfelder, die von ihrer grundsätzlichen Ausrichtung her sehr wenig von dem Einzelnen zu beeinflussen sind und wo Mehrarbeit durch häufig kurzfristig eintretende Umstände auftritt. Exemplarisch nenne ich hier mal Dienste bei der Polizei, oder auch – wie wir gerade in der aktuellen Pandemiezeit erleben – im Gesundheitsbereich. Hier geht es sehr oft bei geforderter Mehrarbeit um die Sicherung von Leib und Leben Dritter. Auch hier können die Führung und die Organisation der Arbeit, im Rahmen der dort geltenden Vorgaben, ein mehr oder weniger gutes Umfeld schaffen, was Überstunden betrifft.

Viele von uns arbeiten in den anderen Bereichen, wo es je nach Einstellung der eigenen Führungskraft oder des Unternehmens mehr oder weniger fürsorgliche Arbeitszeitmodelle gibt. Und hier kann die verantwortliche Leitung sehr viel für das Unternehmen tun, indem die Arbeitszeit als begrenzender Faktor verantwortungsvoll eingesetzt wird. Am Ende des Tages kann ein Unternehmen nur langfristig erfolgreich sein, wenn es rücksichtsvoll mit seinen Ressourcen – und hierzu zählen vor allem auch die für sie arbeiten Menschen – umgeht. Die Zeit der Ausbeutung der Arbeitskräfte ist vorbei. Es gibt viele gesetzliche Regelungen, die die Arbeitgeber verpflichten, sowohl für die körperliche als auch mentale Gesundheit ihres Personals zu sorgen. Und gerade vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung kann eine regelmäßige Mehrarbeit ohne gesundheitliche Folgen vom Gros der Menschen nicht geleistet werden. Das müssen Unternehmen mit berücksichtigen.

In der Vergangenheit gehörte es für erfolgreiche Personen fast noch zum Status, möglichst viele Überstunden zu machen. Mit der zunehmenden Verteilung der Arbeit, der Digitalisierung und der Möglichkeiten der Optimierung von Abläufen sollte das heutzutage nicht mehr der Fall sein. Die nachkommenden Generationen bringen eine neue Sicht auf die Vereinbarkeit von Arbeit und arbeitsfreier Zeit mit ein. Arbeit ist nicht mehr Alles – und neben der Leistung und der Karriere zählen auch andere Werte wie u.a. Freiheit, Freizeit oder Familie. Es gilt heute nicht mehr als chic, viele Überstunden zu machen. Und das ist gesund so.

Wenn ich meine Aufgaben nicht in der dafür vorgesehenen Zeit schaffe, sollte ich mich natürlich fragen, woran liegt das:

  • Sind es wirklich zu viele Aufgaben?
  • Brauche ich noch mehr Kompetenz, um diese schneller abzuwickeln?
  • Muss ich einfach mehr Erfahrung, Routine in der Arbeit haben?
  • Sitze ich an der richtigen Stelle?
  • Liegen mir die Tätigkeiten vielleicht überhaupt nicht?
  • Was sind meine Zeitdiebe
  • Sorge ich selber dafür, dass ich zu viel Zeit brauche, weil ich zum Beispiel alles perfekt machen möchte?
  • Neige ich dazu, keine Pausen zu machen, weil alles zu viel ist, und sabotiere mich in meiner Leistungsfähigkeit selbst?
  • Sehe ich die Überstunden als Statussymbol?
  • Habe ich Angst davor, meinen Arbeitsplatz zu verlieren, wenn ich „weniger“ – also die normale Arbeitszeit – arbeite?

Wie ich schon weiter oben geschrieben habe, ist es immer ein Zusammenspiel zwischen dem Arbeitsumfeld und der Art und Weise, wie ich damit umgehe. Ich kann jedem hierbei nur raten: Schauen Sie sich Ihre Situation ganz genau an. Lassen Sie sich ruhig dabei von Ihrer Familie, Ihren Freunden oder einem Coach unterstützen. Ein Perspektivwechsel mit Hilfe von außen kann dabei helfen, eine bessere Sicht auf die Realität zu gewinnen.
Entscheiden Sie dann, was Sie selber in die Hand nehmen können oder verändern wollen. Am Ende des Tages kann nur jeder für sich selbst verantwortlich sein.

Überstunden? – nur zeitlich begrenzt und nur, wenn wirklich notwendig!

 

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Eine Grundlage, nach der wir unserer Leben ausrichten, sind unsere Werte.
Werte sind die Grundlage, auf der wir unser Leben gestalten und ausrichten.

Sie werden uns von unseren Eltern und weiteren prägenden Personen in unserem Umfeld in jungen Jahren vorgelebt. Je nachdem, welche Erfahrungen wir damit gemacht haben, verinnerlichen wir diese Werte als hilfreich oder lehnen sie ab. So entwickeln wir unsere Sammlung von Werten, die uns persönlich wichtig sind; sozusagen unsere Top 10. Zu diesem Wertegerüst kommt noch unsere jeweilige „Rolle“, in der wir agieren. Mal bin ich Mutter, Ehefrau, Schwester, Tante, mal Sportkameradin, Chefin oder Kollegin. Mein Grundgerüst an Werten ist immer bei mir. Allerdings können sich die Reihenfolge oder auch einige Werte meiner Top 10 je nach Rolle gravierend verändern. Je nachdem, wie groß die Übereinstimmung der Werte, die in meinem Umfeld gelten, mit meinen Werten ist, fühle ich mich zu den Personen oder Gruppen mehr oder weniger hingezogen oder als Teil davon. Im Allgemeinen beschäftigen wir uns eher selten direkt mit dem Thema. Unsere Haltung zu bestimmten Werten ist uns im Inneren klar und wir leben diese Werte auch oft nach außen sichtbar.

Was genau sind Werte?

Es gibt keine abschließende, allgemeingültige Definition für den Begriff der Werte und was dieser alles umfasst. Das ist auch nicht notwendig, wenn wir uns über Werte austauschen wollen. Im Austausch mit anderen ist es weniger wichtig, die gleiche Definition zu haben, als die gleiche Haltung, die hinter der Akzeptanz von Werten steht.

Hier ist eine Beschreibung, die eine gute Grundlage für das, was Werte für jeden persönlich sind, sein kann:

Ein Wert ist eine Auffassung, die explizit oder implizit sowie für ein Individuum oder für eine Gruppe kennzeichnend ist und welche die Auswahl der zugänglichen Weisen, Mittel und Ziele des Handelns beeinflusst.

Clyde Kluckhohn, 1951

Werte sind also grundsätzliche Themen oder Bedürfnisse, die uns anziehen, die uns im Leben wichtig sind. Es sind Dinge, die wir erreichen möchten, sozusagen positive „hin-zu“-Werte. Die ebenso existierenden „weg-von“-Werte werden in den meisten Diskussion aus psychologischen Gründen ignoriert, man vermeidet sie instinktiv. Wenn sie in den Gedanken eine Rolle spielen, können sie genutzt werden, um genau das Gegenteil als positiven Wert zu definieren, um sich sogar „umzustimmen“. Ein Beispiel: Ich denke gerade: „Ich möchte keinen Streit.“ – Positiv formuliert wird für mich daraus: „Harmonie ist mir wichtig.“

Wie beeinflussen Werte unser Handeln?

Werte haben innerhalb ihres Geltungsbereiches für uns auch noch unterschiedliche Prioritäten. Welche Werte wichtiger, welche unwichtiger sind, hängt von der jeweiligen Prägung und Lebenssituation ab. Der „Lebenssinn“ ist für alle Menschen der höchste Wert:

  • Wofür setze ich mich ein?
  • Was sind meine Träume?
  • Für welche Ziele im Leben nehme ich Herausforderungen in Kauf?

Fehlt der Lebenssinn, werden Menschen depressiv, schlimmstenfalls sogar suizidal, weil das „Leben keinen Sinn“ mehr macht. An diesem Punkt sind alle Menschen psychologisch vereint – aber dann beginnen die Unterschiede in der Wertewelt.

Exemplarisch habe ich einmal 12 Werte aus unterschiedlichsten Bereichen für einen kurzen Überblick herausgegriffen:

–  Abenteuer –  Freiheit –  Mut
–  Macht –  Einfluss –  Leistung
–  Loyalität –  Disziplin –  Ordnung
–  Familie –  Frieden –  Vertrauen
–  Freude –  Geselligkeit –  Offenheit
–  Großzügigkeit –  Heiterkeit –  Kreativität

Der Eine lebt für Ruhm und Anerkennung, der Nächste für Weisheit und Wissenschaft. Für viele Menschen ist die Liebe der höchste Wert im Leben, andere brennen für Erfolg, Reichtum oder politische Lebensqualitäten wie Freiheit und Gerechtigkeit. Je nachdem, wie die individuelle Reihenfolge der persönlichen Werte ausgeprägt ist, können völlig unterschiedliche Entscheidungen und Handlungen daraus folgen.

Zum Bespiel liegt plötzlich das Angebot auf dem Tisch, ins Ausland zu gehen und dort einen neuen Bereich aufzubauen. Ist aktuell der höchste Wert „Abenteuer“ und an zweiter die „Familie“, wird die innere Haltung zur Entscheidung ganz schnell das „ja“ zum Angebot sein. Danach kann ja immer noch geklärt werden, welche Lösung es für die Familie gibt. Liegt die Wertekonstellation allerdings in umgekehrter Reihenfolge vor, also Familie vor Abendteuer, dann ist das Angebot zwar auch reizvoll, eine Entscheidung dafür wird allerdings nur dann getroffen, wenn alle anderen Beteiligten sich auch positiv äußern.

Werte sind nicht wirklich messbar. Jeder von uns empfindet die Umsetzung von Werten und das persönliche Erleben des Verfolgens dieser Werte anders. Wenn wir uns genauer damit beschäftigen, dann sehen wir auch, nach welchen bestimmten Werten wir leben und richten unser Handeln danach aus. Wir fühlen uns gut und gestärkt und motiviert, wenn wir diese Werte auch im Arbeitskontext leben können. Im Gegenteil dazu kann uns fehlende Übereinstimmung in den Werten im Arbeitskontext belasten, frustrieren und so demotivieren.
Übrigens: Gemeinsame Werte zu haben und danach zu leben, stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gruppe.

Das Wertesysteme bewusst identifizieren

Die Kenntnis über diese vielfältigen Motivationsquellen kann ein wertvoller Schlüssel für die erfolgreiche und individuelle Kommunikation mit unterschiedlichen Menschen sein – auch zu deren Verständigung beitragen. Häufig sind Unterschiede in den Werten ein Grund, warum es zu Streitigkeiten oder Reibereien kommt. Da Werte uns implizit antreiben, werden vermeintliche Sachargumente vorgeschoben. Über die eigenen Werte kann man nicht streiten. Jeder hat seine Reihenfolge und die ist auch richtig so. Wenn dies bekannt ist, kann es akzeptiert und berücksichtigt werden. Gerade im Berufsumfeld kann die Beschäftigung mit den Werten unterschwellig Sympathie oder Antipathie mit dem Unternehmen, Kollegen oder Kontakten transparent machen.

Tipp für die Ermittlung der eigenen Werte

  1. Suchen Sie sich die Werte aus, die am besten zu Ihnen passen und die sie in Ihrem Leben für die wichtigsten halten. Nutzen Sie als Anregung die Dinge, die sie gerne mögen und schauen Sie, welche Werte dahinterstehen können. Ergänzen Sie Ihre Liste mit den Themen, die Sie stören und ermittelten im Umkehrverfahren (s. o.) die positiven Werte, die dahinterstehen.
  2. Streichen Sie diese Liste zusammen, bis Sie Ihre persönlichen „Top 10“ haben.
  3. Sortieren Sie Ihre „Top 10“-Werte in einer Reihenfolge – beachten Sie dabei, dass auch der letzte Platz immer noch wichtig ist, da es ja noch viel Werte gibt, die Sie wahrscheinlich auch gut finden.
    • Tipp 1: Bilden Sie aus den 10 Werten Ihre „Top 5“; dann aus den „Top 5“ die „Top 3“ und dann daraus Ihren Top-Wert, den Ihnen am wichtigsten .
    • Tipp 2: Fangen Sie mit einem Wert an und vergleichen Sie diesen Wert mit allen anderen auf der Liste mit der Fragestellung: „Welcher ist der wichtigere von beiden?“. Notieren Sie jeweils den wichtigeren. Am Ende haben Sie pro Wert unterschiedliche Summen. Das kann beim Ranking helfen
  4. Wiederholen Sie diese Vorgehensweise mit den für Sie passenden Werten in Ihrer Rolle im Beruf. Hier können völlig andere Werte in den „Top 10“ auftauchen, auch kann die Reihenfolge sich verändern.
  5. Wiederholen Sie diese Vorgehensweise für alle Rollen, die Ihnen aktuell wichtig sind.

Die Kenntnis unseres Wertesystems macht unser Leben einfacher

Wenn wir „unsere“ Werte kennen, macht dies das Leben einfacher, da transparenter. Natürlich können auch interne Wertekonflikte zu Entscheidungsschwierigkeiten führen. Nur liegen die Faktoren dann sichtbar vor uns. Nicht immer sind diese inneren Wertekonflikte abschließend lösbar. Gibt es solche Wertekonflikte im außen, dann ist es einfacher, sich von einer Person oder einem Unternehmen zu trennen, wenn sozusagen „die eigenen Werte mit Füßen getreten werden“. Je besser wir uns kennen und verstehen, wieso wir bestimmte Handlungen durchführen, desto mehr können wir aktiv in diese, unserer eigenen Handlungen bewusst eingreifen.

Kenne und lebe Deine Werte!

Nein sagen – ja bitte!

Gehören Sie auch zu dem Personenkreis, dem es sehr schwerfällt, “nein” zu sagen? Egal, ob der Chef Ihnen kurz vor Feierabend noch eine neue Aufgabe gibt, der Kollege sich lang und breit über seine neueste Beziehung auslässt oder die beste Freundin dringend Ihre Unterstützung braucht. Sie fragen sich gar nicht, ob sie das wirklich hören oder tun wollen. Sie machen es – und opfern ihre Zeit für andere. Was geschieht mit ihnen in diesen Situationen? Ärgern Sie sich über sich? Wenn es Sie wirklich stört, dass Sie zu oft “ja” sagen, dann gucken Sie sich diese Situationen genauer an. Denken Sie darüber nach, was ein verpasstes “nein” langfristig für Sie bedeutet.

Wieder mal ein „nein“ verpasst?

Ein verpasstes „nein“ sorgt dafür, dass ich meine eigenen Bedürfnisse nach hinten stelle und das, was ich eigentlich in dieser Zeit hätte tun wollen, nicht schaffe. Es raubt Zeit. Bei jedem leichtfertig vergebenen “ja” in Situationen, in denen ich viel lieber “nein” sagen würde, verschiebe ich – ungewollt – meine persönliche Grenze aus Sicht des Gegenübers. So wird mein Handlungsspielraum, meine persönliche Freiheit, immer kleiner. Und Grenzen, die ich freiwillig verschoben habe, kann ich später nur unter größerer Anstrengung wieder erweitern. Je kleiner mein Handlungsspielraum ist, desto schwieriger wird es für mich, alle Dinge dort unterzubringen. Und das erhöht meinen Stresspegel merklich.

Warum sage ich „ja“ – und meine eigentlich „nein“? 

Sage ich bei Extraaufträgen vom Chef immer “ja”, weil ich mir dadurch eine Karrierechance erhoffe? Oder habe ich Angst vor etwaigen Konsequenzen? Höre ich den Erzählungen und Geschichten meiner Kollegen und Freunde so gerne zu, weil die Geschichten spannend sind und mich wirklich interessieren? Kann ich vielleicht gar nicht genau begründen, warum ich meine Zeit fremdbestimmen lasse?

Helfe ich gerne meinen Freunden und stehe immer bereit, wenn sie Unterstützung brauchen? Mache ich das, weil ich gerne helfe und meine Zeit und Unterstützung verschenke? Mag ich das Gefühl, gebraucht zu werden? Wenn ich diese Anerkennung dann bekomme, kann das den Stress durch die weniger verfügbare Zeit kompensieren, wenn nicht, erhöht es meinen Stresslevel.

Gerade im beruflichen Kontext muss ich mir sehr genau überlegen, wozu ich “ja” sage und wann ich mein “nein” einsetze. Gerade für ein stressfreieres Selbstmanagement ist die Abgrenzung durch ein gezielt eingesetztes “nein” die wirksamste Methode.

Ein „nein“ zur rechten Zeit wirkt wahre Wunder

Als ich nach der Geburt meines Sohnes nach sechs Monaten wieder in die Arbeit eingestiegen bin, war für meinen Arbeitgeber ganz klar, dass ich sehr feste Arbeitszeiten haben würde. Ich habe morgens und abends gestillt, so dass ich pünktlich Feierabend machen musste. Und auch später bin ich immer spätestens um 17:30 Uhr aufgebrochen, um mein Kind von der Tagesmutter abzuholen. Auch diese hatte ein Recht auf einen pünktlichen Feierabend. Hätte ich zu zusätzlichen Aktivitäten am Arbeitsplatz “ja” gesagt, hätte meine Tagesmutter mein Handeln „ausbaden“ müssen. Und – oh Wunder – meine Haltung wurde akzeptiert, obwohl ich in leitender Position als Projekt- und später als Abteilungsleiterin tätig war. Diese Klarheit und mein bewusstes Grenzen-Setzen brachten mir persönliche Freiheit und reduzierten mein Stresslevel.

Wie sage ich’s?

Auch, wenn wir alle schon im zarten Alter von einem Jahr gelernt haben, “nein” zu sagen, kommt es uns oft nur schwer über die Lippen. Viele Menschen haben bereits die Erfahrung gemacht, dass ein “nein” oft auch zur Verschlechterung der Beziehung mit dem Gegenüber geführt hat. Übernehmen Sie die Prinzipien aus dem Harvard-Konzept in Ihre persönliche “nein”-Kommunikation:  Klar in der Sache, weich im Ton.

Mit Hilfe spezieller Antworttechniken können Sie ein “nein” auf der Sachebene klar vermitteln und die persönliche Ebene unbeschadet lassen.

Folgende Schritte helfen Ihnen, sicher und gekonnt „nein“ zu sagen.

  1. Positive Beziehungsbotschaft
    Wertschätzung oder ein freundliches Wort für den anderen:
    „Vielen Dank für das Vertrauen, das Sie in mich setzen.“
    „Ich würde Ihnen wirklich sehr gerne helfen.“
  2. Klares Nein
    Wenn Sie “nein” sagen, muss es beim anderen klar und unmissverständlich ankommen. Kein „eigentlich“ oder „lieber nicht“ oder „nur, wenn es nicht anders geht“, sondern
    „Es geht wirklich nicht.“
    „Auf gar keinen Fall können wir das machen.“
    „Ich stehe für diese Sache nicht zur Verfügung.“
  3. Kurze Begründung
    Begründen Sie das „nein“ kurz und knapp. Gehen Sie nicht in die Details, rechtfertigen Sie sich nicht, denn das lädt den anderen zum Diskutieren und zum Widerspruch ein.
  4. Alternativen
    Zeigen Sie dem anderen Alternativen auf, eine Richtung, in die er weiterdenken kann. Zum Beispiel einen Termin, bis wann Sie ihm das Gewünschte doch geben könnten, oder einen Tipp, wohin er sich wenden kann oder eine Idee, wie er stattdessen verfahren kann.

Gekonnt abwägen

Meist fühlen wir instinktiv in unserem Unterbewusstsein, in welchen Situationen es richtig und wichtig ist, “nein” zu sagen. Denken Sie darüber nach, wann Sie „nein“ und wann Sie „ja“ sagen möchten. Und dann: Machen Sie es einfach – probieren Sie es aus. Üben Sie zunächst in „unbedeutenden“ Situationen, „spielerisch“ im Freundes- oder Familienkreis. Es ist Ihre Zeit. Sie können jede Minute nur einmal einsetzen. Gerade, wenn Sie viel um die Ohren haben, ist es sinnvoll, mit Ihrer Zeit hauszuhalten und Ihr Stresslevel zu beobachten.

Und nicht zuletzt gilt als Faustregel: “Nein” sagen, wenn möglich, “ja” sagen, wenn nötig.