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Für manche gehören Überstunden „dazu“. Sie zeigen, wie vielbeschäftigt oder auch unabkömmlich man ist. In anderen Bereichen sind sie notwendiges Übel, um den Betrieb – vielleicht in Stoßzeiten – am Laufen zu halten. Welchen Blick wir auch auf das Thema Überstunden werfen, es geht nicht, ohne verschiedene Berufsgruppen und Hierarchien in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Bin ich als Freiberufler wirklich ganz autark in meiner Arbeitszeitgestaltung? Welche Vorgaben macht mein Unternehmen? Es macht einen teils großen Unterschied, zu welcher Berufsgruppe ich gehöre:

  • Unternehmensverantwortliche
  • Leitende Angestellte*r
  • Angestellte
  • Freiberufler und Selbstständige
  • Alle Personen mit Sonderarbeitszeiten

Arbeite ich alleine freiberuflich oder selbstständig, dann gibt es so etwas wie eine Regelarbeitszeit nicht wirklich. Ich kann für mich selber definieren, was meine regelmäßige, tägliche Arbeitszeit sein soll und in welchem Zeitfenster ich meine Arbeit verrichte. Hier kann ich mir möglicherweise viele Freiheiten ermöglichen oder aber, um einen definierten Rahmen zu haben, Zeiten für mich festlegen.

Je kleiner mein Unternehmen ist, desto häufiger kann es sein, dass durch bestimmte Projekte oder Tätigkeiten die geplanten Arbeitszeiten abweichen. Das ist dann voll und ganz mein Risiko – aber ich sollte natürlich schon dafür sorgen, dass ich langfristig gesund meiner Tätigkeit nachkommen kann und mich nicht überlaste.

In punkto Arbeitszeit habe ich als Unternehmer*in mit steigender Betriebsgröße ein größeres Umfeld zu betrachten. Sehr oft fühle ich mich dann, im Sinne meiner Kund*inen, verantwortlich, die Arbeiten fristgerecht zu erledigen, sodass ich selbst Ausfälle im Team durch Mehrarbeit meinerseits abfange. Alternativ kann ich Mehrarbeit natürlich auch auf die Angestellten verteilen.

Als Unternehmer*in oder leitende Angestellte*r größerer Betriebe habe ich ebenfalls keine gesetzlichen Einschränkungen, was meine eigene Arbeitszeit betrifft. Hier kommt allerdings noch verstärkt eine Vorbildfunktion gegenüber allen Mitarbeitenden dazu. Jeder, der für angestelltes Personal verantwortlich ist, hat auch eine Verantwortung für dessen Arbeitszeit. Und hierbei geht es nicht nur darum, dass die geforderten Arbeiten zeitgerecht erledigt werden, sondern auch, dass die Arbeiten in der regelmäßig zur Verfügung stehenden Regelarbeitszeit zu erledigen sind. Ich muss als Vorgesetzte aufpassen, dass die Organisation der Arbeit dies auch unterstützt und sogar hochmotivierte Vielarbeitende beizeiten „eingefangen“ werden.

Angestellte sind durch ihren Arbeitsvertrag verpflichtet, den für sie definierten Aufgabenbereich im Rahmen der vereinbarten Regelarbeitszeit zu bedienen. In einer idealen Welt sind die geforderten Tätigkeiten in der vorbestimmten Zeit regelmäßig gut zu schaffen. Es kann Phasen geben, in denen kurzfristig mehr Zeit für die anstehenden Aufgaben investiert werden muss. Vor allem, wenn ich eine neue Tätigkeit in einem neuen Aufgabenbereich beginne, kann es sein, dass ich die fehlende Routine durch Überstunden abfangen möchte, bzw. muss. Hier kann man sich schnell selbst in eine Falle lancieren. Das Arbeitsumfeld und die Führung gewöhnen sich an den überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz. Später, wenn man durch die erfolgte Einarbeitung eine größere Routine hat und die Zeit eigentlich zurückfahren könnte auf die normale Arbeitszeit, dann wirkt das nach außen wie ein Leistungsrückschritt.

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Führungskraft kann ich nur jedem raten, im Angestelltenverhältnis die Regelarbeitszeit wirklich als gesetzten Rahmen zu sehen und die mir zugewiesenen Aufgaben tatsächlich in diesem Rahmen zu schaffen. Wenn es Gründe gibt, dass ich mehr Zeit brauche – z. B. bei der oben erwähnten Einarbeitung – dann gönne ich mir dieses „Mehr an Zeit“ nur in Absprache mit meinen Vorgesetzten. Dann kennt die Organisation den Grund für die Mehrarbeit und erwartet – als „gute“ Organisation – auch nach einer gewissen Einarbeitungszeit den beschriebenen „Rückgang“.

Es kann natürlich auch sein, dass ich in einem Umfeld arbeite, wo es kein gleichmäßiges Arbeitsaufkommen gibt. Zeiten mit höherem Arbeitseinsatz wechseln sich ab mit ruhigeren. Hierfür sind flexible Arbeitszeitmodelle mit Zeitkonten ideale Lösungen, die sowohl in den positiven als auch negativen Bereich gehen können. Langfristig gesehen sollten diese Zeitkonten aber immer ausgeglichen sein. Arbeite ich in einem Umfeld ohne diese flexiblen Zeitkonten, dann ist auch hier wieder nur in Abstimmung mit der Führung Mehrarbeit zu leisten.

Bin ich in einem Arbeitsumfeld, in dem ich von Anfang an immer viel mehr Aufgaben bekomme, als ich in meiner Regelarbeitszeit abarbeiten kann und wo ich selber keine Aussicht auf Veränderung sehe, dann ist das, spätestens nach sechs Monaten, ein Grund, von meiner Seite das Gespräch mit meinen Vorgesetzten darüber zu führen.

Und hier kommt ein ganz wichtiger Aspekt in unsere Arbeit hinein: Es gibt nur eine Person, die 100 % für unser Wohlergehen verantwortlich ist – und das sind wir selbst.

Natürlich gibt es auch Arbeitsfelder, die von ihrer grundsätzlichen Ausrichtung her sehr wenig von dem Einzelnen zu beeinflussen sind und wo Mehrarbeit durch häufig kurzfristig eintretende Umstände auftritt. Exemplarisch nenne ich hier mal Dienste bei der Polizei, oder auch – wie wir gerade in der aktuellen Pandemiezeit erleben – im Gesundheitsbereich. Hier geht es sehr oft bei geforderter Mehrarbeit um die Sicherung von Leib und Leben Dritter. Auch hier können die Führung und die Organisation der Arbeit, im Rahmen der dort geltenden Vorgaben, ein mehr oder weniger gutes Umfeld schaffen, was Überstunden betrifft.

Viele von uns arbeiten in den anderen Bereichen, wo es je nach Einstellung der eigenen Führungskraft oder des Unternehmens mehr oder weniger fürsorgliche Arbeitszeitmodelle gibt. Und hier kann die verantwortliche Leitung sehr viel für das Unternehmen tun, indem die Arbeitszeit als begrenzender Faktor verantwortungsvoll eingesetzt wird. Am Ende des Tages kann ein Unternehmen nur langfristig erfolgreich sein, wenn es rücksichtsvoll mit seinen Ressourcen – und hierzu zählen vor allem auch die für sie arbeiten Menschen – umgeht. Die Zeit der Ausbeutung der Arbeitskräfte ist vorbei. Es gibt viele gesetzliche Regelungen, die die Arbeitgeber verpflichten, sowohl für die körperliche als auch mentale Gesundheit ihres Personals zu sorgen. Und gerade vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung kann eine regelmäßige Mehrarbeit ohne gesundheitliche Folgen vom Gros der Menschen nicht geleistet werden. Das müssen Unternehmen mit berücksichtigen.

In der Vergangenheit gehörte es für erfolgreiche Personen fast noch zum Status, möglichst viele Überstunden zu machen. Mit der zunehmenden Verteilung der Arbeit, der Digitalisierung und der Möglichkeiten der Optimierung von Abläufen sollte das heutzutage nicht mehr der Fall sein. Die nachkommenden Generationen bringen eine neue Sicht auf die Vereinbarkeit von Arbeit und arbeitsfreier Zeit mit ein. Arbeit ist nicht mehr Alles – und neben der Leistung und der Karriere zählen auch andere Werte wie u.a. Freiheit, Freizeit oder Familie. Es gilt heute nicht mehr als chic, viele Überstunden zu machen. Und das ist gesund so.

Wenn ich meine Aufgaben nicht in der dafür vorgesehenen Zeit schaffe, sollte ich mich natürlich fragen, woran liegt das:

  • Sind es wirklich zu viele Aufgaben?
  • Brauche ich noch mehr Kompetenz, um diese schneller abzuwickeln?
  • Muss ich einfach mehr Erfahrung, Routine in der Arbeit haben?
  • Sitze ich an der richtigen Stelle?
  • Liegen mir die Tätigkeiten vielleicht überhaupt nicht?
  • Was sind meine Zeitdiebe
  • Sorge ich selber dafür, dass ich zu viel Zeit brauche, weil ich zum Beispiel alles perfekt machen möchte?
  • Neige ich dazu, keine Pausen zu machen, weil alles zu viel ist, und sabotiere mich in meiner Leistungsfähigkeit selbst?
  • Sehe ich die Überstunden als Statussymbol?
  • Habe ich Angst davor, meinen Arbeitsplatz zu verlieren, wenn ich „weniger“ – also die normale Arbeitszeit – arbeite?

Wie ich schon weiter oben geschrieben habe, ist es immer ein Zusammenspiel zwischen dem Arbeitsumfeld und der Art und Weise, wie ich damit umgehe. Ich kann jedem hierbei nur raten: Schauen Sie sich Ihre Situation ganz genau an. Lassen Sie sich ruhig dabei von Ihrer Familie, Ihren Freunden oder einem Coach unterstützen. Ein Perspektivwechsel mit Hilfe von außen kann dabei helfen, eine bessere Sicht auf die Realität zu gewinnen.
Entscheiden Sie dann, was Sie selber in die Hand nehmen können oder verändern wollen. Am Ende des Tages kann nur jeder für sich selbst verantwortlich sein.

Überstunden? – nur zeitlich begrenzt und nur, wenn wirklich notwendig!

 

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In der heutigen Seminar- und Trainingswelt sind Zeitmanagementseminare der absolute Renner. Viele Menschen haben den Wunsch, die Zeit „zu ihren Gunsten“ zu beeinflussen. Aber ist das überhaupt möglich?

Ich sage nein! Oder haben Sie es schon mal geschafft, aus einer Zeitstunde mehr als 60 Minuten herauszuholen? Sicher nicht. Gefühlt vielleicht ja, aber absolut gesehen lässt sich der Ablauf der Zeit heute und mit normalen Mitteln nicht beeinflussen. Was Sie sicher schon mal erlebt haben, ist, dass die gefühlte Zeitdauer eine andere sein kann, als die absolute (Zeitdauer). Sie können sich sicher an Situationen erinnern, in denen eine Stunde wie im Flug vergangen, die Zeit einfach so durchgerauscht ist und man gar nicht gemerkt hat, wie spät es auf einmal geworden ist. Umgekehrt kennen Sie sicher auch solche Situationen, in denen jede Sekunde ganz zäh vorübergeht und man den Eindruck hat, die Zeit stehe still. Was unterscheidet diese beiden Situationen? Sie unterscheiden sich in dem, was wir tun und was wir für die Zukunft erwarten.

Da wir Dank dieser Betrachtung jetzt wissen, dass wir die Zeit nicht wirklich beeinflussen können, was macht dann die Attraktivität dieses Wunsches, die Zeit zu managen, en Detail aus?

Die Perspektive macht‘s

Viele von uns haben so viel um die Ohren, dass ein normaler 24-Stunden-Tag nicht auszureichen scheint. Und genau das ist der springende Punkt. Wenn wir weniger zu tun haben oder erledigen wollen, als wir Zeit zur Verfügung haben, dann haben wir keinen Wunsch danach, die Zeit zu beeinflussen. Meist ist es jedoch so, dass in unserem Alltag die Anforderung an uns immer weiter zunehmen. Mit der Digitalisierung und der Globalisierung dreht sich das Rad der Geschichte immer schneller. Uns geht scheinbar die Zeit aus. Was können wir also tun?

Wie so oft liegt es zu einem Großteil an uns, wie wir mit unserer Zeit umgehen:

  • Wo setze ich meine Zeit ein?
  • Wem schenke ich meine Zeit?
  • Wer stiehlt mir meine Zeit?
  • Wo verschwende ich meine Zeit?

Was haben diese Fragen gemeinsam? – Ich entscheide über meine Zeit!

Und die Moral von der Geschicht‘

Auch, wenn viele Stunden des Tages für uns fremdbestimmt sind, durch Schule, Ausbildung, Beruf, so liegt es doch immer an uns, wie wir diese Zeiten erleben und auch wie wir die Zeit „drumherum“ für uns nutzen. Und hier gibt es genau eine Person, die das beeinflussen kann – Sie selbst. Das ist es, was Sie in Seminaren oder Coachings erlernen sollten. Nur Sie selbst können Ihren Zeiteinsatz und das damit verbundene Gefühl beeinflussen:

  • Investiere ich die Zeit in zusätzliche Lerngruppen oder tobe ich mich lieber auf dem Sportplatz aus, was unter anderem für unser Gehirn auch sehr zuträglich ist?
  • Erledige ich auf der Arbeit noch schnell ein paar Tasks, was in Überstunden mündet, oder verbringe ich genau diese Zeit lieber mit Freunden?
  • Kümmere ich mich jede freie Minute darum, dass es meiner Familie gut geht oder sorge ich mich auch um mich, dass es mir auch gut geht, ich stark genug bin, um alle zu unterstützen?

Es gibt nur eine Person, die diese Entscheidungen treffen kann – das sind Sie! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen genügend Muße für alles, was Sie zeitlich zu managen haben.