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Für manche gehören Überstunden „dazu“. Sie zeigen, wie vielbeschäftigt oder auch unabkömmlich man ist. In anderen Bereichen sind sie notwendiges Übel, um den Betrieb – vielleicht in Stoßzeiten – am Laufen zu halten. Welchen Blick wir auch auf das Thema Überstunden werfen, es geht nicht, ohne verschiedene Berufsgruppen und Hierarchien in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Bin ich als Freiberufler wirklich ganz autark in meiner Arbeitszeitgestaltung? Welche Vorgaben macht mein Unternehmen? Es macht einen teils großen Unterschied, zu welcher Berufsgruppe ich gehöre:

  • Unternehmensverantwortliche
  • Leitende Angestellte*r
  • Angestellte
  • Freiberufler und Selbstständige
  • Alle Personen mit Sonderarbeitszeiten

Arbeite ich alleine freiberuflich oder selbstständig, dann gibt es so etwas wie eine Regelarbeitszeit nicht wirklich. Ich kann für mich selber definieren, was meine regelmäßige, tägliche Arbeitszeit sein soll und in welchem Zeitfenster ich meine Arbeit verrichte. Hier kann ich mir möglicherweise viele Freiheiten ermöglichen oder aber, um einen definierten Rahmen zu haben, Zeiten für mich festlegen.

Je kleiner mein Unternehmen ist, desto häufiger kann es sein, dass durch bestimmte Projekte oder Tätigkeiten die geplanten Arbeitszeiten abweichen. Das ist dann voll und ganz mein Risiko – aber ich sollte natürlich schon dafür sorgen, dass ich langfristig gesund meiner Tätigkeit nachkommen kann und mich nicht überlaste.

In punkto Arbeitszeit habe ich als Unternehmer*in mit steigender Betriebsgröße ein größeres Umfeld zu betrachten. Sehr oft fühle ich mich dann, im Sinne meiner Kund*inen, verantwortlich, die Arbeiten fristgerecht zu erledigen, sodass ich selbst Ausfälle im Team durch Mehrarbeit meinerseits abfange. Alternativ kann ich Mehrarbeit natürlich auch auf die Angestellten verteilen.

Als Unternehmer*in oder leitende Angestellte*r größerer Betriebe habe ich ebenfalls keine gesetzlichen Einschränkungen, was meine eigene Arbeitszeit betrifft. Hier kommt allerdings noch verstärkt eine Vorbildfunktion gegenüber allen Mitarbeitenden dazu. Jeder, der für angestelltes Personal verantwortlich ist, hat auch eine Verantwortung für dessen Arbeitszeit. Und hierbei geht es nicht nur darum, dass die geforderten Arbeiten zeitgerecht erledigt werden, sondern auch, dass die Arbeiten in der regelmäßig zur Verfügung stehenden Regelarbeitszeit zu erledigen sind. Ich muss als Vorgesetzte aufpassen, dass die Organisation der Arbeit dies auch unterstützt und sogar hochmotivierte Vielarbeitende beizeiten „eingefangen“ werden.

Angestellte sind durch ihren Arbeitsvertrag verpflichtet, den für sie definierten Aufgabenbereich im Rahmen der vereinbarten Regelarbeitszeit zu bedienen. In einer idealen Welt sind die geforderten Tätigkeiten in der vorbestimmten Zeit regelmäßig gut zu schaffen. Es kann Phasen geben, in denen kurzfristig mehr Zeit für die anstehenden Aufgaben investiert werden muss. Vor allem, wenn ich eine neue Tätigkeit in einem neuen Aufgabenbereich beginne, kann es sein, dass ich die fehlende Routine durch Überstunden abfangen möchte, bzw. muss. Hier kann man sich schnell selbst in eine Falle lancieren. Das Arbeitsumfeld und die Führung gewöhnen sich an den überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz. Später, wenn man durch die erfolgte Einarbeitung eine größere Routine hat und die Zeit eigentlich zurückfahren könnte auf die normale Arbeitszeit, dann wirkt das nach außen wie ein Leistungsrückschritt.

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Führungskraft kann ich nur jedem raten, im Angestelltenverhältnis die Regelarbeitszeit wirklich als gesetzten Rahmen zu sehen und die mir zugewiesenen Aufgaben tatsächlich in diesem Rahmen zu schaffen. Wenn es Gründe gibt, dass ich mehr Zeit brauche – z. B. bei der oben erwähnten Einarbeitung – dann gönne ich mir dieses „Mehr an Zeit“ nur in Absprache mit meinen Vorgesetzten. Dann kennt die Organisation den Grund für die Mehrarbeit und erwartet – als „gute“ Organisation – auch nach einer gewissen Einarbeitungszeit den beschriebenen „Rückgang“.

Es kann natürlich auch sein, dass ich in einem Umfeld arbeite, wo es kein gleichmäßiges Arbeitsaufkommen gibt. Zeiten mit höherem Arbeitseinsatz wechseln sich ab mit ruhigeren. Hierfür sind flexible Arbeitszeitmodelle mit Zeitkonten ideale Lösungen, die sowohl in den positiven als auch negativen Bereich gehen können. Langfristig gesehen sollten diese Zeitkonten aber immer ausgeglichen sein. Arbeite ich in einem Umfeld ohne diese flexiblen Zeitkonten, dann ist auch hier wieder nur in Abstimmung mit der Führung Mehrarbeit zu leisten.

Bin ich in einem Arbeitsumfeld, in dem ich von Anfang an immer viel mehr Aufgaben bekomme, als ich in meiner Regelarbeitszeit abarbeiten kann und wo ich selber keine Aussicht auf Veränderung sehe, dann ist das, spätestens nach sechs Monaten, ein Grund, von meiner Seite das Gespräch mit meinen Vorgesetzten darüber zu führen.

Und hier kommt ein ganz wichtiger Aspekt in unsere Arbeit hinein: Es gibt nur eine Person, die 100 % für unser Wohlergehen verantwortlich ist – und das sind wir selbst.

Natürlich gibt es auch Arbeitsfelder, die von ihrer grundsätzlichen Ausrichtung her sehr wenig von dem Einzelnen zu beeinflussen sind und wo Mehrarbeit durch häufig kurzfristig eintretende Umstände auftritt. Exemplarisch nenne ich hier mal Dienste bei der Polizei, oder auch – wie wir gerade in der aktuellen Pandemiezeit erleben – im Gesundheitsbereich. Hier geht es sehr oft bei geforderter Mehrarbeit um die Sicherung von Leib und Leben Dritter. Auch hier können die Führung und die Organisation der Arbeit, im Rahmen der dort geltenden Vorgaben, ein mehr oder weniger gutes Umfeld schaffen, was Überstunden betrifft.

Viele von uns arbeiten in den anderen Bereichen, wo es je nach Einstellung der eigenen Führungskraft oder des Unternehmens mehr oder weniger fürsorgliche Arbeitszeitmodelle gibt. Und hier kann die verantwortliche Leitung sehr viel für das Unternehmen tun, indem die Arbeitszeit als begrenzender Faktor verantwortungsvoll eingesetzt wird. Am Ende des Tages kann ein Unternehmen nur langfristig erfolgreich sein, wenn es rücksichtsvoll mit seinen Ressourcen – und hierzu zählen vor allem auch die für sie arbeiten Menschen – umgeht. Die Zeit der Ausbeutung der Arbeitskräfte ist vorbei. Es gibt viele gesetzliche Regelungen, die die Arbeitgeber verpflichten, sowohl für die körperliche als auch mentale Gesundheit ihres Personals zu sorgen. Und gerade vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung kann eine regelmäßige Mehrarbeit ohne gesundheitliche Folgen vom Gros der Menschen nicht geleistet werden. Das müssen Unternehmen mit berücksichtigen.

In der Vergangenheit gehörte es für erfolgreiche Personen fast noch zum Status, möglichst viele Überstunden zu machen. Mit der zunehmenden Verteilung der Arbeit, der Digitalisierung und der Möglichkeiten der Optimierung von Abläufen sollte das heutzutage nicht mehr der Fall sein. Die nachkommenden Generationen bringen eine neue Sicht auf die Vereinbarkeit von Arbeit und arbeitsfreier Zeit mit ein. Arbeit ist nicht mehr Alles – und neben der Leistung und der Karriere zählen auch andere Werte wie u.a. Freiheit, Freizeit oder Familie. Es gilt heute nicht mehr als chic, viele Überstunden zu machen. Und das ist gesund so.

Wenn ich meine Aufgaben nicht in der dafür vorgesehenen Zeit schaffe, sollte ich mich natürlich fragen, woran liegt das:

  • Sind es wirklich zu viele Aufgaben?
  • Brauche ich noch mehr Kompetenz, um diese schneller abzuwickeln?
  • Muss ich einfach mehr Erfahrung, Routine in der Arbeit haben?
  • Sitze ich an der richtigen Stelle?
  • Liegen mir die Tätigkeiten vielleicht überhaupt nicht?
  • Was sind meine Zeitdiebe
  • Sorge ich selber dafür, dass ich zu viel Zeit brauche, weil ich zum Beispiel alles perfekt machen möchte?
  • Neige ich dazu, keine Pausen zu machen, weil alles zu viel ist, und sabotiere mich in meiner Leistungsfähigkeit selbst?
  • Sehe ich die Überstunden als Statussymbol?
  • Habe ich Angst davor, meinen Arbeitsplatz zu verlieren, wenn ich „weniger“ – also die normale Arbeitszeit – arbeite?

Wie ich schon weiter oben geschrieben habe, ist es immer ein Zusammenspiel zwischen dem Arbeitsumfeld und der Art und Weise, wie ich damit umgehe. Ich kann jedem hierbei nur raten: Schauen Sie sich Ihre Situation ganz genau an. Lassen Sie sich ruhig dabei von Ihrer Familie, Ihren Freunden oder einem Coach unterstützen. Ein Perspektivwechsel mit Hilfe von außen kann dabei helfen, eine bessere Sicht auf die Realität zu gewinnen.
Entscheiden Sie dann, was Sie selber in die Hand nehmen können oder verändern wollen. Am Ende des Tages kann nur jeder für sich selbst verantwortlich sein.

Überstunden? – nur zeitlich begrenzt und nur, wenn wirklich notwendig!

 

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Zeitdiebe eliminieren

Passiert es Ihnen auch schon mal, dass der Tag voller Aktivitäten war, Sie aber Ihre eigentlichen Aufgaben nicht alle erledigt haben. Was kann passiert sein? Neben den normalen „Notfällen“, die eine Umplanung der Aktivitäten bedingen, gibt es auch viele andere „Störfaktoren“, die man besonders betrachten sollte.

Wenn wir es schaffen, diese „Zeitdiebe“ in einem ersten Schritt möglichst genau zu identifizieren, sind wir schon mal auf dem richtigen Weg. Jede Störung, die Sie bei einer Aufgabe unterbricht, bei der Sie sich konzentrieren müssen, stiehlt Ihnen wertvolle Zeit, denn Sie brauchen jedes Mal einige Minuten, um Ihre vorherige Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen. Bis zu 28 % Ihrer Zeit kann allein durch diese Leistungsverluste bei Störungen verloren gehen. So verlängert sich die aufzuwendende Arbeitszeit und es führt zusätzlich zu einer Mehrbelastung auf unserem Stresskonto.

Abbildung: Der Einfluss von Störungen auf die Leistungsfähigkeit

Es macht also (somit hochgradig) Sinn, sich einmal mit seinem eigenen Arbeitsverhalten im Laufe des Tages auseinanderzusetzen. Wichtig dabei ist, dass Sie wirklich ehrlich zu sich sind, damit Sie eine klare Sicht auf Ihr Handeln erhalten. Sie können zum Beispiel ein Tagesprotokoll anlegen mit einer Spalte für Ihre geplanten Aktivitäten und einer zweiten für die tatsächliche Umsetzung und die auftretenden Störungen oder Verzögerungen. Damit haben Sie einen ersten Anhaltspunkt, wo Sie später ansetzen und Zeit zurückgewinnen können.

Welches sind die häufigsten Störfaktoren?

  • Telefon
  • E-Mails
  • Smartphone, Social Media
  • unangemeldete Besucher (Kunden, Kollegen, Kinder, Haustiere, …)
  • fehlende Informationen (Chaos in der Ablage)

Was kann ich in einem ersten Schritt tun?

Sorgen Sie für eine störungsfreie Zeit. Es hat sich bewährt, täglich mindestens eine „Stille Stunde“ einzurichten, in der Sie dafür sorgen, von niemandem gestört zu werden. Schätzen Sie diesen Termin als einen der wichtigsten des Tages ein. Sie können dabei Ihre Störzeiten berücksichtigen. In diese Stille Stunde legen Sie dann die möglichst komplizierten oder unangenehmen Aufgaben, bei denen Sie sich sehr konzentrieren müssen. Damit die Ergebnisse auch auf Basis einer guten Verfassung erfolgen können, können Sie auch darauf achten, wann Sie Ihr persönliches Hoch im Laufe Ihres Biorhythmus haben.

In dieser Zeit können Sie sich nach außen richtig abschotten:

  • Wenn möglich, ruhig das Telefon und alle Störgeräusche (Maileingang) stumm schalten.
  • Dem Umfeld signalisieren: Ich möchte jetzt nicht gestört werden.
  • Einen thematisch passenden Themenblock zusammenstellen, alles Notwendige in der Vorbereitung zusammenstellen und dies zügig in der Stillen Stunde bearbeiten.

Was kann ich bei Störungen aktiv tun?

  • Unterbrechungen durch das Telefon: Müssen Sie wirklich jetzt abnehmen? Wenn ja, müssen Sie wirklich so lange sprechen? Ihre wichtigsten Tätigkeiten: Telefon ab- oder umstellen, sich kurzfassen. Wer Sie erreichen will, ruft auch später noch einmal an.
  • Empfangen von Mails: Reservieren Sie sich bestimmte Zeiten am Tag, zu denen Sie Ihre Mails durchgehen, unterbrechen Sie nicht jedes Mal Ihre Arbeit, wenn eine E-Mail erscheint. Am besten, Sie öffnen Ihr Postfach nur zu vorher geplanten Zeiten.
  • Social Media: Reservieren Sie sich bestimmte Zeiten am Tag, zu denen Sie interagieren. Stellen Sie in den Arbeitszeiten alle Alarmmeldungen auf lautlos und verhindern Sie Popups.
  • Unangemeldete Besucher: Idealerweise Tür schließen; Anliegen rasch erledigen, wenn es sich nicht verschieben lässt; einen Termin für ein Gespräch vereinbaren; den Besucher bitten, sich an einen anderen kompetenten Mitarbeiter zu wenden; den Besucher ermuntern, selbst eine Lösung zu finden.
  • Unzureichende Information: Planen Sie rechtzeitig die Beschaffung von Informationen im Vorfeld ein.

Neben den äußeren Störern gibt es auch Faktoren, die mehr oder weniger von uns selbst zu beeinflussen sind. Es sind Dinge, die entweder von anderen auf uns einwirken oder bei denen wir selbst unsere größten Zeitdiebe sind. Wenn Sie anhand der oben genannten Beispiele auf viele Dinge kommen, bei denen Sie sich selbst die Zeit stehlen, dann kann ich Ihnen gratulieren. Dies sind die Faktoren, die Sie grundsätzlich am einfachsten verändern können, da es nun in Ihrem eigenen Verantwortungsbereich liegt. Sind Themen dabei, die außerhalb Ihres direkten Einflussbereichs stehen, prüfen Sie, was Sie durch Ihr Handeln verändern können.

Wer oder was stiehlt Ihnen die Zeit?

  • lange Besprechungen mit unbefriedigenden Ergebnissen
  • unklare Kommunikation
  • fehlende Delegation
  • ausufernde Internet-Recherche
  • die Angewohnheit, wichtige Dinge aufzuschieben
  • fehlende Priorisierung
  • mangelnder Fokus
  • nicht „Nein“ sagen können – immer zu viel vornehmen
  • falsche Zeitabschätzung für einzelne Aufgaben
  • Perfektionismus
  • unzureichende Selbstorganisation oder Selbstdisziplin

Wie Sie mit den „größten“ Zeiträubern umgehen können:

  • Besprechungen: Ist Ihre Teilnahme wirklich notwendig? Falls Sie die Besprechung leiten, arbeiten Sie mit einer Tagesordnung. Achten Sie auf zeitliche Begrenzungen und darauf, dass die richtigen Leute eingeladen sind. Beginnen Sie pünktlich. Halten Sie sich an die Tagesordnung, kürzen Sie ausufernde Diskussionen ab, z.B. dadurch, dass sie diese auslagern. Beenden Sie die Besprechungen pünktlich.
  • Sorgen Sie für eine genaue Abstimmung in der Kommunikation. Habe ich verstanden, was man von mir erwartet. Weiß mein Gegenüber genau, was ich will?
  • Was ist bei der Delegation schiefgelaufen? Fällt es Ihnen schwer, Aufgaben an andere zu delegieren? Üben Sie sich darin, die Verantwortung für ein Ergebnis abzugeben. Tun Sie nichts selbst, was sich auch delegieren lässt.
  • Internet-Recherche: Nur das suchen, was man wirklich braucht. Am besten eine Zeitbegrenzung mit „Wecker“ nutzen, z.B. 15 Minuten Recherche.
  • Der Versuch, zu viel auf einmal zu tun: Nehmen Sie immer wieder mehr Aufgaben an, als Sie sollten? Bauen Sie Ihre Kompetenz des Priorisierens aus.
  • Unterschätzen Sie immer wieder, wie viel Zeit eine Aufgabe braucht? Bauen Sie sich einen Zeitpuffer mit ein. Sie können schlecht „nein“ sagen? Üben Sie sich darin.
  • Unzureichende Planung / mangelnde Selbstorganisation: Suchen Sie sich die passenden Selbstmanagement-Techniken heraus und integrieren Sie diese in Ihren Alltag.
  • Mangelnde Selbstdisziplin: Sind Sie fit genug, um Ihre Arbeit in Angriff zu nehmen? Sind Sie motiviert? Haben Sie anspruchsvolle Ziele?
    Wenn Sie immer zu spät anfangen, dann kann dies eine schlechte Angewohnheit sein.

Finden Sie Ihre Zeitdiebe

Es gibt viele Stellschrauben, mit denen Sie mehr Zeit für Ihre persönlich wichtigen Dinge gewinnen können. Am einfachsten ist es, wenn Sie den Prozess mit einer Person Ihres Vertrauens durchgehen. Dann können wirklich ehrlich und klar die größten Baustellen identifiziert werden. Wir Menschen neigen dazu, sehr schnell berechtigte Gründe für unser aktuell gezeigtes Verhalten zu finden. Damit ist der mögliche Anstoß für eine Veränderung direkt blockiert.

Als Beispiel möchte ich das Thema telefonische Erreichbarkeit oder die Reaktion auf eingehende E-Mails nennen. Wenn ich mit Klienten über die Einrichtung einer Stillen Stunde mit absoluter Abschottung nach außen spreche, kommen schnell die Einwände: „Ich muss für meine Kunden oder Mitarbeiter immer erreichbar sein“. Grundsätzlich kann ich diese Haltung verstehen, denn Sie ist in den genannten Bereichen meist sinnvoll und löblich. Wenn ich dann genauer nachhake, dann gibt es natürlich immer Situationen im Alltag, wann diese Person nicht sofort erreichbar ist. Dies können vertrauliche Besprechungen oder Arbeiten, bei denen man aus Sicherheitsgründen nichts anderes machen kann, sein…
Wenn diese innere Blockade erst einmal aufgebrochen ist, dann eröffnet sich eine völlig neue Welt der Möglichkeiten.

Es liegt in Ihrer Hand – starten Sie jetzt!

Weitere Tipps finden Sie in den Blogs zu folgenden Themen:

Perfektionismus in unterschiedlichen Lebensbereichen

Wenn ich hier über Perfektionismus spreche, dann meine ich den Anspruch, den ich an die Ausführungsqualität meiner Leistungen habe. Perfektionismus kann sich auch ausdehnen auf die Anforderungen, die ich an die Aufgabenerfüllung anderer stelle.

Wir beleuchten hier nicht die hohe Qualität oder Präzision, die insbesondere bei Arbeiten und Objekten gefordert wird, von denen Menschenleben abhängen. Zum Beispiel beim Führen von Transportmitteln aller Art, in Bezug auf medizinische Eingriffe oder Konstruktionen und Verfahren, bei denen es auf die hundertprozentige Präzision ankommt. Hier betrachten möchte ich die Dinge des alltäglichen (Arbeits-) Lebens.

Die Krux mit dem Perfektionismus

Viele Menschen haben einen sehr hohen Anspruch daran, wie bestimmte Aufgaben erledigt werden müssen – wie perfekt die Lösung auszusehen hat. An sich sind supergute Ergebnisse natürlich eine feine Sache. Nur: je perfekter man alle Aufgaben erledigen will, desto mehr Zeit braucht man dazu. Und desto höher ist in der Regel auch der Stresspegel, weil es ja immer noch ein bisschen besser gehen könnte.

  • Was sind Ihre persönlichen Ansprüche an Ihre Leistung?
  • Liegt Ihre persönliche Messlatte höher, als zum Beispiel die Ihrer Vorgesetzten?
  • Finden Sie nie zu einem Ende, weil immer noch „mehr“ geht und sie es sicher noch besser machen könnten?
  • Wann erreichen Sie den Punkt, an dem Sie mit Ihrer Arbeit und schlussendlich auch mit sich selbst zufrieden sind?

Wenn Sie sehr hohe Ansprüche an sich haben und immer nur das perfekte Ergebnis anstreben, kann das auf die Dauer sehr anstrengend sein.

Ich habe das in meinem Berufsleben sehr oft erlebt. Ein ganzes Team arbeitet manchmal Tage, oder sogar Wochen daran, bestimmte interne Unterlagen aufzubereiten. Es wird die perfekte Formulierung, die schlüssigste Herleitung, die schönste Gestaltung oder aber auch sicherste Abstimmung gesucht. Gibt es am Ende das perfekte Papier? Ich sage nein. Dem gerade im Geschäftskontext ändern sich Parameter, Meinungen, Strukturen meist relativ schnell und diese Papiere haben bestmöglich den Stand von gestern. Warum ist das so? Weil sich die meisten Leute keine Gedanken über die internen Kosten solcher Arbeiten machen. Die Mitarbeiter sind ja sowieso da und es wird kaum abgegrenzt wofür man seine Arbeitszeit einsetzt. Ich habe mir einmal den Spaß gemacht für eine bestimmte Präsentation zusammenzurechnen was die internen Kosten der daran beteiligten Mitarbeiter so ergeben würden. Ich kam auf eine fünfstellige Summe. Wenn dies im Vorfeld berücksichtigt worden wäre, dann hätte sicherlich auch eine gute Lösung ihren Zweck erfüllt.

Die Lösung: Machen Sie’s nach „Pareto“

Nach dem Pareto-Prinzip ist ein gutes Ergebnis (also 80 % des „Solls“) mit einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich 20 % erreichbar. Das Pareto-Prinzip ist zwar nicht ungefiltert überall einsetzbar; nach meinen Erfahrungen sind in den meisten zu verschriftlichenden Arbeiten (Konzepte, Entscheidungsvorlagen, Reporte, Protokolle, etc.) jedoch gute Ergebnisse damit zu erzielen und eine vernünftige Basis für ein effizientes Arbeiten zu legen. Möchten wir jedoch die, vielleicht sogar nur selbst angestrebten, 100 % Perfektion erreichen, so müssen wir auch 100 % Aufwand in die Erstellung investieren. Das ist – grob gerechnet – also ein Aufwand, der fünfmal so hoch ist wie für ein gutes Ergebnis „nötig“ wäre.

Was kann ich tun, wenn ich selber der Treiber für Perfektionismus bin?

Ich fange erst einmal an, mich zu beobachten.

  • Habe ich diese hohen Ansprüche in allen Lebensbereichen oder differenziere ich?
  • Was treibt mich an, eine perfekte Leistung abzuliefern?
  • Suche ich nach Anerkennung anderer oder schätze ich meine eigene Leistungsfähigkeit grundsätzlich zu niedrig ein und treibe mich damit selbst an?

Wenn ich nicht glaube, dass ich in der Lage bin, gute Leistung abzugeben, dann kann das vielleicht mit dem Impostor Syndrom zusammenhängen. Hier beziehe ich alle meine Erfolge auf die glücklichen Umstände und nicht auf meine eigenen Leistungen. Da ich nicht glaube, gut zu sein, versuche ich, immer besser, immer perfekter zu werden.

Wenn es mir um die Anerkennung anderer geht, dann kann das einer ihrer inneren Antreiber sein, der regelmäßig bedient werden möchte. Das kann auch zur Folge haben, dass immer ein möglichst perfektes Ergebnis angestrebt wird.

Wie kann ich Perfektionismus entschärfen?

Zuerst einmal muss ich erkennen, dass mich mein Perfektionismus stört und stresst und ich etwas ändern möchte. Hier ist eine etablierte Vorgehensweise, sich die unterschiedlichen Bereiche seines Lebens anzusehen und einmal aufzuzeigen, wo die eigene Messlatte in Sachen Perfektionismus eigentlich liegt. Dazu kann man als Metapher gut eine Hürde nutzen, auf die man in 5 Stufen (20%, 40%, 60%, 80%, 100%) Latten auflegen kann.

  1. Entscheiden Sie, welche Bereiche Sie ansehen wollen:
    • die Kernaufgaben des Studiums / Berufs
    • die unwichtigen Bereiche des Studiums / Berufs
    • den privaten Alltag
    • den Haushalt
    • die Familie
    • die Hobbys
    • den Freundeskreis
  2. Zeichnen Sie mit einem farbigen Stift ihre Ansprüche in jeweils eine Hürde ein.
  3. Entscheiden Sie, ob Sie etwas verändern möchten:
    • Tragen Sie jetzt mit einer anderen Farbe ein, wie hoch sie die Messlatte vielleicht zukünftig bei nicht so wichtigen Aufgaben legen wollen.
    • Wollen Sie diese Zeit vielleicht für andere Aktivitäten verwenden?

Wenn Sie diese Übung gemacht haben, dann haben Sie eine schöne Übersicht über die Bereiche, in denen sie vielleicht einmal vorsichtig Ihren Leistungsanspruch verändern können. Wenn keine signifikanten negativen Rückmeldungen von den anderen Betroffenen kommen, dann kann es Sie stärken und Sie werden Situationen „leichter“ werten:

„Ich werde nicht weniger geliebt, wenn das Familienessen nicht an den Standard des „Perfekten Dinners“ heranreicht.“

„Meine Vorgesetzten sind auch zufrieden, wenn ich meine Arbeit korrekt erledige, ohne dass ich das Letzte, aus meiner Sicht Mögliche, aus mir heraushole. Im Gegenteil, es kann mir sogar passieren, dass ich plötzlich keine Überstunden mehr machen muss und meine Arbeitszufriedenheit durch mein eignes, selbst bestimmtes Handeln steigt.“

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der Umgang mit einem Hang zum Perfektionismus ein Lebensthema ist. Er erscheint immer wieder, manchmal schleichend, manchmal spontan – in unterschiedlichsten Bereichen. Mir hilft es, aufmerksam zu sein und diesen Anflug auch mal mit Humor zu nehmen. Da Perfektionismus ein Antreiber für sehr gute Leistung ist, kann man ihn auch gezielt einsetzen, wenn man seinen „Stopp-Knopf“ kennt. Dann ist Perfektionismus beflügelnd und positiv.

Wenn Perfektionismus – dann wohldosiert!

Cheryl Sandburg ist die Geschäftsführerin von Facebook und schreibt in ihrem Buch „Lean in“:

„In jeder Klausur dachte ich, ich würde ganz bestimmt eine schlechte Note bekommen und jedes Mal, wenn ich mich nicht blamierte oder sogar glänzte, glaubte ich, irgendwann würde das Spiel aus sein und ich würde auffliegen.“

Kennen Sie das Gefühl vielleicht auch? Früher oder später geht es vielen einmal so. Diese Fehleinschätzung kann vereinzelt und in bestimmten Phasen auftreten oder uns ein Leben lang begleiten. Dieses Phänomen hat sogar einen eigenen Namen: das Impostor- oder Hochstaplersyndrom.

Wer von dem Impostor-Syndrom betroffen ist, hat so starke Selbstzweifel, dass er Erfolge nicht auf sich selbst zurückführen kann. Bei den Betroffenen sind die Zweifel vollkommen unbegründet, denn tatsächlich handelt es sich oft um leistungsstarke und erfolgreiche Menschen. Sie sind demnach keine „echten“ Hochstapler, sondern empfinden in bestimmten Situationen aufgrund ihrer Selbstzweifel die eigene Kompetenz als nicht hoch genug. Sie leben in der Angst, von ihrem Gegenüber als nicht fähig entlarvt zu werden – trotz hohen Leistungsniveaus. Wissenschaftler sagen, dass ca. 70 % der Bevölkerung solche Gefühle kennen und die Angst haben, als Versager identifiziert zu werden.

Insgesamt sind mehr Frauen und ethnische Minderheiten von diesem Gefühl betroffen sowie Menschen, die tatsächlich überdurchschnittliche Leistungen erbringen – zum Beispiel als Fachkraft oder im Top-Management.

Mögliche Ursachen

Die Ursachen für das Hochstapler-Syndrom sind vielfältig. Eine Wechselwirkung zwischen der Anlage, also einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur, und bestimmten umweltbedingten Einflussfaktoren ist wahrscheinlich. Auslöser können vor allem in der Kindheit liegen. Eine Ursache liegt auch in unseren modernen Leistungsgesellschaften, in denen man dazu gedrängt wird, sich ständig mit anderen zu vergleichen. Social Media wirkt regelrecht wie ein Brandbeschleuniger für Selbstzweifel, da die Timelines stets voller erfolgreicher Geschichten sind, die zeigen, wie toll wir eigentlich sein könnten oder wie man sein Leben noch stärker auf Erfolg trimmen kann.

Wer permanent das Gefühl hat, nicht gut genug zu sein, setzt sich unter Druck.
Druck macht Stress -> Stress macht krank.

Wer am Impostor-Syndrom leidet, mutiert häufig zum Perfektionisten. Typisch ist es auch, dass man prokrastiniert, also wichtige Aufgaben vor sich herschiebt und sich stattdessen mit den weniger drängenden Themen beschäftigt. Das Impostor-Syndrom an sich ist keine Krankheit; es ist etwas, womit viele Menschen zu kämpfen haben. Vielen Betroffenen ist es gar nicht bewusst, dass sie an diesem Syndrom leiden; wenn aber die Anzeichen genannt werden, fühlen Sie sich angesprochen. Das Gute ist: Sie haben es selbst in der Hand, daran etwas zu ändern. Der erste Schritt ist, Anzeichen hierfür bei sich selbst zu erkennen.

Das können Sie gegen das Impostor-Syndrom tun

Machen Sie Erfolge sichtbar!

  • Visualisieren Sie Ihre Erfolge, die durch eigene Anstrengungen erzielt wurden, mit Hilfe von Listen.
  • Führen Sie Ihr persönliches Erfolgstagebuch:
    • Notieren Sie Ihre positiven Rückmeldungen und besonderen Leistungen.
    • Nehmen Sie bewusst wahr, wenn etwas ganz ohne eigenes Zutun gescheitert ist.
    • Lesen Sie regelmäßig, und vor allem bei Zweifeln, in dieser positiven Sammlung!

Wechseln Sie Ihre Perspektive!

  • Erkennen Sie, dass auch Superhelden mal scheitern und wir dies oft bei anderen Menschen nicht sehen.
  • Suchen Sie sich ab und zu explizit Projekte aus, die schief gehen dürfen; lernen Sie, dies „auszuhalten“.
  • Unterscheiden Sie genau zwischen Gefühlen und Fakten. Wir alle fühlen uns mal unfähig oder dumm. Aber nur, weil man sich so fühlt, heißt das nicht, dass es auch der Wahrheit entspricht. Gucken Sie von außen auf die Situation.
  • Benennen Sie die Impostor- Gefühle und sagen Sie sich: Das bin nicht ich. Das ist das Impostor-Syndrom; geben Sie ihm ruhig einen Namen. So können Sie aktiv dagegen vorgehen.

Suchen Sie sich Hilfe!

  • Sprechen Sie mit Freunden über Ihre Angst und Scham. Allein schon, der eingebildeten Schwindelei einen Namen zu geben, kann nützlich sein, sich davon zu befreien.
  • Suchen Sie sich im engen Kreis eine/n Verbündete/n, mit der/dem Sie gegenseitig Loblieder aufeinander singen können.

Und wenn Sie Ihre negativen Gedanken und Gefühle gar nicht steuern können, sollten Sie sich einem Profi anvertrauen. Es ist keine Schande, um Hilfe zu bitten. Suchen Sie sich einen Experten, der dazu ausgebildet ist, Menschen zu helfen, die unter psychischem Druck stehen.

Wenn Sie das Problem innerer Selbstzweifel erkennen (Glückwunsch, dies ist der erste Schritt), benennen Sie es offen und laut – das ist der zweite Schritt; und dann formulieren Sie gezielt Ihre negativen Gedanken in positive um. Sie verdienen für harte und gute Arbeit genau den Erfolg. Loben Sie sich selbst.

Seien Sie offen und ehrlich mit sich!

Wenn Sie diesen Artikel gelesen haben und nicht sicher sind, ob Sie vielleicht selbst betroffen sind, schreiben Sie mir einfach eine Mail an kontakt@naeserconsulting.de und ich schenke Ihnen den Fragebogen zur Selbstauswertung.